Take 1 im Feld

Das Forschungsinteresse schärfen

Mit den Erfahrungen aus Take 0, die eigene Wohnsituationen zu beschreiben, nähern wir uns nun den möglichen zu untersuchenden Häusern und ihren Bewohner*innen an. Ihre Suche bildet die Auswahl und damit die Grundlage ihrer Haus- und Bewohner*innenbiografie, die Sie gemeinsam mit den Bewohner*innen erforschen und dokumentieren werden. Es ist wichtig zu wissen, dass wir im Sinne der Aktionsforschung (Action Research) nicht über, sondern mit den Beteiligten (siehe z.B. Kromrey 1998) forschen. Sie sprechen die Art und Weise des Verfahrens sowie die Verwendung und Veröffentlichung der dokumentierten Inhalte gemeinsam ab.

Reflektieren Sie noch einmal die Erstellung Ihrer eigenen Wohnbiografien. Welche Aspekte haben Sie daran besonders interessiert? Welche Fragen haben Sie daraus mitgenommen? Auf welchen (sozialen, baulichen, politischen, ökologischen, ökonomischen) Ebenen des „Wohnens“ kommen diese Fragen zum Tragen? Welche Art von Fällen könnten aufgrund dessen für Sie interessant sein?

Überlegen Sie entlang Ihres Interesses und Ihrer Fragen, wie Sie zu den jeweiligen Fällen kommen. Erfolgt dabei Ihr Zugang eher über den „Typ“ des Hauses oder über den „Typ“ der Bewohner*innen? Wir gehen dabei von einem erweiterten Begriffsverständnis von Wohnen aus. Wohnen umfasst demnach Tätigkeiten in der Wohnung, im Haus als auch in der Stadt (siehe z.B. Häußermann und Siebel 2000). Ermitteln Sie einen interessanten Fall und begeben Sie sich ins Feld (Lindner 1981; Wolff 2013). Beachten Sie, insbesondere aufgrund der aktuellen Situation, die Zugänglichkeit des Falls: können Sie die Person(en) besuchen und/oder mittels digitaler Methoden beforschen?

Ins Feld gehen & kommunizieren

Stellen Sie den Kontakt zu den jeweiligen Eigentümer*innen und/oder Mieter*innen bzw. Ihrer/Ihrem zukünftigen Forschungsbeteiligten her und verabreden Sie einen gemeinsamen Termin. Erläutern Sie in einem ersten groben Aufriss Ihr:

  • (1) Forschungsinteresse (Wie können Haus- und Bewohner*innenbiografien aktuelle Wohnweisen aufzeigen und wie können daraus möglicherweise Ansätze für zukünftiges Wohnen entstehen?),

  • (2) die Art und Weise des Verfahrens (vor allem: Hausführung, Gespräch, Interview),

  • (3) die verwendeten Medien (Film und Fotografie während und nach der Hausführung; Audio während des Gesprächs bzw. Interviews; außerdem: Erstellung von Zeichnungen der Wohnungsgrundrisse und des Gebäudes, sowie des Blocks und Verortung im Stadtgrundriss, sowie Archiv- und Dokumentenrecherche zur Wohnung, zum Haus und sich aus der Biografie ergebene weitere Themenstränge),

  • (4) den Umfang der Untersuchung(en) (mindestens 2-3 Besuche sowie mögliche Weitere) sowie

  • (5) die Art und die Verwendung der Dokumentation (Stufe 1 Erstellung zu Studienzwecken, Stufe 2 Erstellung zu Forschungszwecken und (Online-) Veröffentlichung) Ihrer Arbeit.

Besprechen Sie mit Ihrer*m Forschungsbeteiligte*n ein zwei-stufiges Freigabeverfahren:

Stufe 1 Erstellung zu Studienzwecken heißt: die/der Forschungsbeteiligte erklärt sich bereit, an der Forschung und damit an der Erstellung einer Haus- und Bewohner*innenbiografie teilzunehmen und die Prozessschritte mit Ihnen gemeinsam zu gehen. Dabei werden alle erhobenen Materialien ausschließlich für den internen universitären Gebrauch innerhalb der Lehre verwendet und nicht veröffentlicht.

Stufe 2 Erstellung zu Forschungszwecken und (Online-) Veröffentlichung heißt: Die erhobenen und bearbeiteten Materialien werden nach Fertigstellung der Haus- und Bewohner*innenbiografie durch den/die Forscher*in dem/der Forschungsbeteiligte*n zur Ansicht gegeben und können durch sie oder ihn, wie zu diesem Zeitpunkt gesehen, zur Veröffentlichung und Dokumentation (u.a. über das Archiv urban-types.de) mit einer final zu bestimmenden Lizenz (CC-BY-SA oder CC-BY-ND) freigegeben werden.

Stellen Sie in diesem ersten kurzen Gespräch sicher, dass Ihr*e Ansprechpartner*in Interesse an der Forschung hat und holen Sie sich eine mündliche Zusage ein.

Erstes Material sammeln

Begeben Sie sich ins Forschungsfeld und beobachten Sie das Wohnen als Praxis sowie das Haus als Versammlung (assemblage) verschiedener Materialitäten, Prozesse, subjektiver Einschreibungen und Überformungen, Nutzungen und Funktionen, Regelwerke und Gesetze (siehe z.B. Latour und Yaneva 2008). Versuchen Sie die Themen Ihres Falls einzukreisen, indem Sie eine erste Materialsammlung – eine Art Grundlagenarchiv erstellen.

Bedienen Sie sich dabei aus unterschiedlichen Quellen und Methoden (recherchieren, informelle Gespräche führen, beobachten) auf verschiedenen Maßstabebenen in Abhängigkeit zu den von Ihnen formulierten Interessen und Fragen. An dieser Stelle geht es darum einen Überblick über die Wohnsituation, die möglichen Themenschwerpunkte und Quellenlage zu gewinnen, um das Forschungsinteresse abzugrenzen und erste Zusammenhänge zu erahnen.
Materialien aus einer Archiv- oder Webrecherche, (historische) Pläne und Fotografien, Beobachtungen im Stadtumfeld sowie persönliche Informationen der Bewohner*innen und Eigentümer*innen können hier bereits zusammenkommen, um Anstoß für die Forschung zu geben, die herausstellen soll, wie die Bewohner*innen das Gebaute gebrauchen.

Erstellen Sie eine erste offene Materialsammlung zu ihrem Fall. Betrachten Sie dabei alle Maßstabsebenen (Zimmer/Haus; Haus/Block; Block/Stadt); alles kann wichtig sein.

Präsentation

Erstellen Sie auf Basis Ihrer Gespräche und der zusätzlich von Ihnen erhobenen Daten ein kurzes Exposé zu Ihrem Fall. Das Exposé sollte einen kurzen beschreibenden Text mit 300-500 Wörter, einen Steckbrief mit den wichtigsten Fakten des Hauses und der Bewohner*innen sowie ein den Fall repräsentierendes Bild und einen Überblick über die Quellenlage und die möglich anzuwendenden Formate enthalten.

Bitte verwenden Sie für Zitate und Literaturangaben das Chicago Manual. Organisieren, Archivieren und verwenden Sie Ihr Recherchematerial entlang der aktuell geltenden Ethik-, Rechts- und Datenschutzrichtlinien (EU DGSVO; §27 HmbDGS).

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Personenbezogene Daten in Film und Foto

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Datenschutz, Urheberrecht und Forschung als berechtigtes Interesse

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Zweistufige Einverständnis und offene Lizenzen

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Urheberrecht am Beispiel von Kunst

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ut-23-24-take-1.pdf