Allgemein
Eigentümerin: Genossenschaft
Wohngebiet: ca. 55 ha / 540 überwiegend Doppelhaushälften
Wohnfläche: Ø 73 m²
Spezifisch
Nutzung: Wohnen und Gewerbe
Grundstück: ca. 1000 m²
Bebaute Fläche: ca. 65 m²
Haus: Doppelhaus, zweigeschossig, Walmdach,
verklinkert, Baujahr ca. 1925
Wohnfläche: ca. 110 m²
Räume: 4 Zimmer, Küche, Bad, ausgebauter Dachboden,
Werkstatt, Carport
Bewohner:innen: 2
Besitzverhältnisse: Nutzungsgebühr in Höhe von 350 Euro
Die Häuser der Gartenstadt stehen unter Denkmalschutz. Es gibt verschiedene Haustypen, die sich jedoch teilweise stark ähneln. Auch die Parzellierung der Grundstücke fällt ähnlich aus. Hier lässt sich der Kontrast aus seriell gebauter Materialität und individualisiertem Wohnen herausstellen. Aufgrund des Denkmalschutzes kann am Haus selber wenig verändert werden, der Bau von zwei Nebengebäuden ist möglich. Einige ältere Umbauten werden aufgrund des langen Bestands geduldet. Das grundlegende Konzept der großen Grundstücke diente den Bewohner:innen früher der Selbstversorgung und ist heute oft als Ort der individuellen Ausgestaltung und Selbstverwirklichung ein wichtiger Aufenthaltsort. Der Ursprung als Arbeiter:innensiedlung mit dem Ziel gesundes zugängliches Wohnen für Menschen mit wenig Geld herzustellen, ist nicht mehr vollständig nachzuvollziehen. Das Wohnrecht auf Lebenszeit, mit dem Anrecht für Kinder die Nutzungsgebühr zu übernehmen oder zumindest als Familienmitglied leicht ein Haus zugewiesen zu bekommen, erschwert es Menschen ohne familiäre Bindung in die Gartenstadt zu ziehen. So ist die Bewohnerschaft als privilegiert einzuordnen.
Die Verbindung zur Genossenschaft ist auch in Bezug auf die Nutzung und die Dauerhaftigkeit der Siedlung interessant. So kümmert sich die Genossenschaft um alles, was außen am Haus anfällt, wie neue Fenster oder eine Regenrinne. Die Bewohner:innen pflegen die Außenflächen und renovieren das Innere der Häuser. So erneuerten viele Bewohner:innen ihre Heizanlage und erweiterten die Häuser um sanitäre Anlagen. Marie Antoinette Glaser beschreibt in „vom guten wohnen. Vier Zürcher Hausbiographien von 1915 bis zur Gegenwart.“ die Relevanz von Dauerhaftigkeit für den langfristigen Erhalt von Häusern (Glaser 2013:12). Indikatoren sind für sie unter anderem die Gebrauchsgeschichte und die Wertschätzung des gelebten Raumes (Glaser 2013: 18). Die Gartenstadt hat aufgrund ihres kollektiven Entstehens, aber auch mit der familiären Weitergabe eine lange Geschichte. Die niedrige Nutzungsgebühr für die idyllischen Räume lassen die Bewohner:innen sehr positiv über die bewohnten Häuser und die Gartenstadt sprechen. Die Wertschätzung wird ebenfalls in der Renovierung und Aneignung des Hauses sowie des Gartens materiell sichtbar. Spannend bleibt der Blick in die Zukunft, so finden sich Materialien die sich mit dem Thema Gartenstadt 2.0 beschäftigen. Konkret inwiefern können die positiven Aspekte einer gemeinschaftlichen Gartenstadt als Genossenschaft mit in eine Zukunft genommen werden, in der mehr Wohnraum benötigt und zugänglich gemacht werden muss.
Zoom-in
Näher betrachtet wurde eine Doppelhaushälfte, die seit 41 Jahren von Frau L. bewohnt wird. Im Laufe der Zeit kamen ein Ehemann und ein Sohn hinzu. Momentan wohnt hier nur noch das Ehepaar, da der Sohn bereits vor mehreren Jahren ausgezogen ist. Frau L. konnte das Haus durch einen Wohnungstausch mit der Tochter der ehemaligen Mieter:in anmieten. Ihre Familie hatte bereits in der Gartenstadt gewohnt. Auch hier führte eine familiäre Verbindung zum Zugang.
Im Erdgeschoss befinden sich derzeit ein Esszimmer, die Küche, ein Flur, das Bad und ein Wohnzimmer. Im 1. OG sind zwei Schlafzimmer, die als Arbeits-, Schlaf- und Rückzugsräume von den Bewohner:innen genutzt werden sowie eine Abstellkammer. Das Dachgeschoss ist ausgebaut, wird aber hauptsächlich als Lagerraum genutzt. Ums Haus herum sind mehrere Terrassen angeordnet. Es gibt angelegte Blumenbeete, einen Rosenbogen und verschiedene Sitzecken. Der Garten wird als erweiterter Wohnbereich wahrgenommen und ist gleichzeitig Hobby. Hier wird so viel Zeit wie möglich verbracht.
„Der große Garten und die Umgebung ermöglichen naturnahes Wohnen. Wir haben es so schön hier eingerichtet, da braucht man eigentlich gar nicht mehr in den Urlaub fahren.“ (Frau L.)
Auf dem Grundstück befindet sich eine Werkstatt, in der Herr L. seiner selbstständigen Tätigkeit als Kürschner nachging. Heute befindet sich hier eine Art Gewächshaus zur Überwinterung mediterraner Pflanzen. An dem Haus wurde immer wieder renoviert, so ist ein neuer Anbau entstanden, durch den das Bad vergrößert und das zusätzliche Wohnzimmer geschaffen wurde. Die Mieten sind sehr niedrig, dafür sind die Eigenleistungen hoch. Herr und Frau L. haben viel Erspartes in die Pflege und Erweiterung des Hauses gesteckt, statt in Eigentum zu investieren.
Glaser, Marie Antoinette (2013): Vom guten Wohnen. Vier Züricher Hausbiographien von 1915 bis zur Gegenwart. ETH-Wohnforum- ETH CASE (Hrsg.).
Brockmann/Lühmann/Zängl/HCU 2021 - Lizenz: CC BY-NC-SA