Zukunft Hof - Umgang mit Leerstand in ruralen Gebieten

Lage: Grundstück in ländlicher Region
Haustyp: Hofstelle bestehend aus Wohnhaus, Stallgebäuden und Halle
Baujahr: Diele 19. Jh. | Wohnhaus 1928, Änderung 2018

Nutzung: Wohnen
Frühere Nutzung: Wohnen und landwirtschaftliche Nutzung
Geschosse: 1 bis 2
Wohnfläche: 385 m²
Räume: 10 Zimmer, 2 Küchen, 2 Bäder
Wohneinheiten: 2, allerdings nicht strikt getrennt
Bewohner:innenschaft: 4 Personen, 3 Generationen
Besitzverhältnis: Eigentum der Familie

Beschreibung der Siedlungs-, Haus- und den Bewohner:innensituation
Beim untersuchten Fall handelt es sich um einen ehemaligen landwirtschaftlichen Hof, dessen Stallungen und Scheune heute leer stehen und größtenteils ungenutzt sind. Der Hof, mit einer Grundstücksfläche von rd. 7000 m², liegt in einer der 7 Bauernschaften der Stadt D. Die Umgebung ist von weitläufigen Höfen, landwirtschaftlichen Betrieben und den zugehörigen Hallen und Feldern geprägt. Wohnen tritt eher dienend, den Betrieben zugehörig auf.
Das vorrangig genutzte Gebäude ist das nördlichste eines Gebäudeensembles, das über die Zeit nach Bedarfen gewachsen ist. Es ist das einzige bewohnte Gebäude; sechs ehemalige Stallungen stehen leer. Ergänzt wurde das Ensemble in den 2000er-Jahren um die Produktionshalle eines Zimmereibetriebes. Diese wird mittlerweile jedoch privat genutzt und zum Teil vermietet.
Das 1928 errichtete Backstein-Wohnhaus wurde 2018 umgebaut, um für Familie G. ein Wohnen in mehreren Generationen zu ermöglichen. Auf zwei Stockwerken beherbergt es 4 Personen aus drei Generationen. Die gesamte Wohnfläche von 385 m² ist in zwei unabhängige, jedoch nicht scharf getrennte Wohneinheiten gegliedert. Im Erdgeschoss befinden sich Schlafzimmer mit Ankleide der Großmutter, Küche, zwei Wohnbereiche, Hauswirtschaftsraum sowie heute als Abstellräume genutzte Flächen. Es schließt im Westen außerdem an ein ehemaliges Stallgebäude an, in dem das Badezimmer und weitere Abstellräume liegen. Die Erschließung erfolgt über die Waschküche des Gebäudes. Im Dachgeschoss liegen Küche mit Essbereich, Wohnzimmer, Elternschlafzimmer, Badezimmer, ein zweiter HWR und das Kinderzimmer der Tochter.

Für das Grundstück gibt es keinen Bebauungsplan; nach gültigem Flächennutzungsplan (FNP) liegt es im Außenbereich auf „Flächen für die Landwirtschaft“, womit § 35 BauGB gültig ist. Schließen wir von der uns bekannten Umgebung des betrachteten Hofs und den darin befindlichen Leerstand von Stallgebäuden, lässt sich vermuten, dass ein Großteil der Gebäude im Außenbereich der Stadt D. leer steht.
Die leer stehenden Gebäude müssen ständig in Schuss gehalten werden. Ein Abriss würde die Familie zu viel kosten. Außerdem besteht der Gedanke, dass sich noch eine adäquate Nutzung finden lässt. 2021 hat Familie G. eine Bauvoranfrage zur Umnutzung des südöstlichen Stallgebäudes gestellt. Ziel war es, im Gebäude eine Wohnnutzung unterzubringen. Die Bauvoranfrage wurde abgelehnt. Jedoch war der Grund nicht, wie vermutet, die Funktionsänderung im Außenbereich, sondern dass sich das Gebäude im Emissionsradius umliegender Stallungen befindet. Der Emissionsradius wird in der Geruchsimmisionsrichtlinie geregelt und soll Bewohnende vor Geruchs- sowie Schadstoffbelastung schützen.
Die Stadt D. erfährt in den letzten Jahren ein Bevölkerungswachstum. Sie hat einen Innenstadtkern, der von Außenbereich umgeben ist (Landwirtschaftliche und Waldflächen ca. 83% (Quelle: Städtische Internetseite). Nach Flächennutzungsplan ist nur in diesem Kern eine Wohnnutzung zulässig, entsprechend leben ca. 85-90% der Bevölkerung im Zentrum (Quelle: Städtische Internetseite). Durch die Bevölkerungsentwicklung wurden in den vergangenen Jahren zunehmend Bereiche am Rand des Zentrums zu Wohnnutzung umgewidmet. Der bewohnte Stadtkern wächst nach außen.
Wir haben festgestellt, dass die Bevölkerung und damit die Nachfrage nach Wohnraum (in der Stadt D.) wächst und es zudem eine große Menge an Potenzialflächen im Außenbereich gibt. Städtebaurechtliche Grundlagen, wie die Regelungen durch § 35 BauGB und den Flächennutzungsplan sowie die Geruchsimmisionsrichtlinie, verhindern jedoch die Ausnutzung des Raumpotenzials im Außenbereich.

Mit diesem Projekt wollen wir erste Antworten auf folgende Fragestellung finden:
Welche Potenziale bieten leerstehende Gebäude bzw. Ensembles im Außenbereich bei Überwindung genannter Hürden, um die Nachfrage nach beispielsweise Wohnraum auffangen zu können?

Dazu haben wir Nutzungen in der Umgebung sowie in bestehenden Wohnprojekten analysiert. Daraus haben sich verschiedene Nutzungsmöglichkeiten für den Leerstand des untersuchten Falls ergeben. Nach bestimmten Kriterien haben wir im Katalog dargestellt, welches Gebäude sich mit welcher Nutzung belegen lässt. Anhand durch uns gesetzter Prämissen und nach unterschiedlichen "Spielregeln" haben wir schließlich drei Szenarien entwickelt, die eine mögliche Zukunft des Hofs darstellen.

Gerling/Groen/Krebs /HCU 2022 - Lizenz: CC BY-NC-SA

Historische Entwicklung der Bauvolumen

📎

Mögliche Umnutzungen

📎

§ 35 BauGB - Bauen im Außenbereich

📎

Modellprojekte Steckbriefe

Prämissen

Für die Bearbeitung dieses Falls war das Aufstellen von Prämissen unumgänglich, um so einen Rahmen zu schaffen, in dem das Projekt dargestellt werden kann. Diese von uns aufgestellten „Spielregeln“ werden im Folgenden beschrieben.



Übersicht der Hürden, die aktuell eine (Um-)Nutzung der Gebäude verhindern

Die geringe Größe der Stallgebäude lässt keine landwirtschaftli…

Mehr lesen...

Mögliche Szenarien - 3 Spielversionen

Zur Erarbeitung der Szenarien wurde der Gebäudekatalog für mögliche Umnutzungen erweitert. Auf Grundlage verschiedener Kriterien wurden die leerstehenden Hofgebäude auf deren Kompatibilität mit einzelnen Nutzungen geprüft. Der Katalog dient der Übersicht zur Auswahl der benötigten Gebäude für die ge…

Mehr lesen...